Frage: Wie stellt sich Abdruschin zu der Anrufung von Heiligen hält er diese für Unrecht?
Antwort: Anrufung ist ja nicht Anbetung! Deshalb ist die Anrufung geistiger Helfer und Führer an sich eine schöne Gepflogenheit, sobald sie in dem rechten Sinne geschieht. Es sind sehr viele Menschen jetzt, welche wissen, dass sie eine geistige Führung haben. Diese geistigen Führer, wenigstens die dem Erdenmenschen zunächststehenden, direktesten, sind aber noch lange nicht „Heilige“ zu nennen.
Wohl ist es angebracht, dass der Menschengeist seinen Führern innig dankt; denn diese haben oft genug Mühe und Leid mit ihren Schützlingen, viel mehr als Freude. Für diese dornenvolle Tätigkeit der Führung ist ein Wort des Dankes immer angebracht. Auch eine Bitte hier und da um Hilfe ist nichts Unrechtes, solange man damit nicht in Anbetung verfällt, die Gott allein gebührt.
Der höchste Führungswillen liegt für jeden Menschen in dem geistigen Reiche. Es folgt von dort aus abwärts eine ganze Kette ausführender Helfer. Der letzte dieser Helfer aber ist stets so beschaffen, dass er nur wenig höher als sein Schützling steht, sonst könnte er mit diesem nicht fühlbar in Verbindung kommen. Es ist meistens ein solcher Menschengeist, welcher noch Fühlung mit der Erde hat; denn ist er schon zu hoch, so würde er vom Erdenmenschen nicht mehr „empfunden“ werden können. Auch kann ein solcher Führer mit diesem noch mehr mitempfinden, bei allen dessen Regungen, kann ihn auch darin mehr begreifen. Und wenn sein Schützling betet, in ernsten Dingen, so wird er sich mit ihm in dem Gebet vereinigen, und seine Fürbitte hat für irdisches Leid mehr Kraft als die Fürbitte eines höheren Geistes, welcher das Erdenleid nicht mehr so stark nachempfinden kann, weil ihm dafür alles Begreifen verloren ging.
Nur Empfindung ist die massgebende Kraft in dem Gebet, nicht Worte, die kraftlos verhallen wie der Klang im Winde. Die Worte dienen lediglich zu unserer Beihilfe seelischer Vertiefung in Empfindung, um die Richtung der Empfindung abzuklären und zu stützen. —
Der höchste Führerwille liegt also im Reiche des Reingeistigen und teilt sich dieser Kette aller Helfer mit, bis dann der unterste, dem Erdenmenschen nächste Helfer, dieses Wollen seinem Schützling klarzumachen sucht mit Nutzbarmachung aller Vorzüge und Schwächen, die dieser besitzt, und die nur der zunächststehende Führer durch Beobachten und Nachempfinden wissen kann. Dabei darf man nicht vergessen, dass des geführten Menschen Wollen immer ausschlaggebend bleibt, da er für sein Tun verantwortlich bleibt. Die Führung ist also nur eine Hilfe!
Die Tätigkeit der ganzen Führerkette nun bis zu dem höchsten Führer in dem Geistigen ist als Hilfe Menschendankes wert, auch wenn in Wechselwirkung bei der treuen Mühe in der Führung alle Führer selbst gewinnen. Ebenso können, sollen Bitten um getreue Beihilfe vom Erdenmenschen zu ihnen gesprochen sein. Es ist dies nicht zu Unrecht, sondern hat viel Segen. —
Wer aber ist „Heilig“ anzusprechen? „Heilig“ ist allein, was mit dem Göttlichen in direktem Zusammenhang steht, nichts anderes. Deshalb heisst es der „Heilige Geist“, zum Unterschiede zu dem Geistigen. Niemand kann heilig werden, der es nicht von Anfang an schon ist, da das Heiligsein wiederum mit der Beschaffenheit zusammenhängt, nicht aber ein Verdienst ist! Leider wird das Wort „heilig“ vielfach ganz falsch angewendet. Es wird wohl kein Mensch, der es ernsthaft nimmt in seinen Überlegungen, seinem Denken und Empfinden, davon überzeugt sein können, dass eine Heiligmachung von Erdenmenschen ausgehen kann, dass dabei die Ansicht oder Überzeugung von Erdenmenschen überhaupt eine Rolle spielt!
Ich will die in manchen Kreisen eingeführten Gepflogenheiten hier nicht schelten, wenn sie in wirklich gutem Glauben gehandhabt werden; doch es muss ja schliesslich bei allen solchen Gepflogenheiten auch hier und da einmal etwas durchdacht sein von denen, die es tun, damit sie wissen, was sie eigentlich tun. Denn wer nicht genau weiss, was er tut, dem kann sein Tun auch niemals rechten Nutzen bringen, da es ja dann nur leere Form, Schablone bleibt, der wirkendes Leben fehlt. Und ohne Leben kann nie ein Gebet hinaufsteigen, bis zu der Stelle, die Erfüllung bringt.
Doch jeder Mensch, der wirklich denkt, sich nicht aus Trägheit oder Feigheit davon drückt, wird schliesslich selbst zu manchen Klärungen in sich gekommen sein. Gedankenlose, Oberflächliche aber würden auch durch die eingehendste Aufklärung nicht zum Verständnis und Begreifen kommen. Wer meine Gralsbotschaft richtig gelesen hat, trägt auch die Antwort auf die Fragen schon geklärt in sich, ohne dass ich besonders darauf hinweise. —
Doch eine Hilfe will ich ihm noch geben, indem ich auf die Wiederinkarnierungen hinweise. Es ist dies allerdings etwas vorausgegriffen. Nur Wenige werden schon so weit sein, um das Bild, was ich da entrolle, nicht sehr fremdartig zu empfinden. Darüber könnte ich schliesslich gar nicht zürnen, weil der nötige Sprung von seinen bisherigen Anschauungen bis zu diesen Tatsachen doch etwas weit ist. Die innere Kraft, deren Ausdehnungsfähigkeit von der jeweiligen Seelenreife abhängt, kann bei aller Mühe kaum so weit reichen, wie zu der Erkenntnis nötig ist. Aus diesem Grunde will ich auch nur einen Zipfel lüften von dem wirklichen Geschehen, auf die Gefahr hin, dass es ihm grotesk erscheint.
Doch wäre es zum grossen Segen aller Menschheit, zur Erleichterung vielen Verstehens, wenn sie gerade darin einmal einen klaren Blick erhalten könnten. Es wirkt zwar in dem ersten Augenblicke stark ernüchternd, wie die Wahrheit immer, aber doch auch gleichzeitig erfrischend. Die ganzen Anschauungen und damit das Erdenleben vieler Menschen würde sich dadurch sofort und völlig umgestalten zu gesundem Aufwärtsschreiten. Ohne Eindruck könnte es ja gar nicht bleiben, wenn ein Mensch ganz plötzlich richtig um sich blicken kann, und sieht, dass alle die, von denen er aus der Vergangenheit durch die Geschichte manches Grosse, Schöne und auch Unschöne erfuhr, zum grössten Teile wieder mit ihm auf der Erde leben, in Fleisch und Blut wie er, nur jetzt in anderer Gestalt. Ja, dass er selbst vielleicht einer von denen ist, die er in irgend einer Art verehrt oder ... verachten musste.
Doch alles das hat seine Zeit. Worüber er noch heute lächeln muss, das wird er in ganz kurzer Zeit für richtig und sogar als selbstverständlich halten. Deshalb sage ich ausdrücklich: ich greife heute mit dem kurzen Hinweis noch etwas zu weit vor.
Wenn ich, wie ja ganz richtig ist, zum Beispiel jetzt ihm sage, dass Schiller in dem Wallenstein sein eigenes Erleben schildert, dass er vorher schon einmal auf der Erde war als Wallenstein, und weiter zurück auch noch in verschiedenen Gestalten, ebenso jetzt wieder auf der Erde weilt, diesmal als Frau, so fordert das wohl lange Seelentätigkeit bis zum Vertrautwerden mit solchen Tatsachen!
Und wenn ich weiter sage, dass z. B. der berühmte Maler Raphael, sowie auch Tizian unter den heute Lebenden sich finden, die keine Ahnung von dem früheren Geschehen und dem seinerzeitigen Können haben, so muss das Manchem doch wohl sonderbar berühren. Allein zu denken, dass ein Raphael in heutiger Gestalt bewundernd vor einem Gemälde steht, das er in früherem Erleben selbst geschaffen hat. Das wirkt bei der Beschränkung des Erinnerns sogar komisch, humoristisch.
Und doch ist es weder ein Märchen noch Fantasterei. Auch wenn ich sage, dass Therese Neumann einst der Schächer an dem Kreuze war, der Christus lästerte, und deshalb in der Rückwirkung noch heute diese Wundmale zu tragen hat, bis die Erkenntnis in ihr davon kommt zur Ablösung der Schuld, so werden zwar nicht alle, doch sehr viele, wohl die meisten Menschen daran zweifeln, es als Fantasterei betrachten. Und doch ist es nicht zu lange mehr hin, dass man die Wahrheit darin wird erkennen müssen!
Nehmen wir nun an, dass auch die Jünger Christi, die ja ihren Meister oder dessen Botschaft seiner Zeit nach seinen eigenen Erklärungen nicht richtig aufgenommen haben, nach dem Damals mehrfach wieder auf der Erde waren, in verschiedener Gestalt, zu einem grossen Teile heute sogar wieder unter Menschen sind, wohin muss dann ein Denkender in der Betrachtung kommen! Namentlich wenn er auch Ursachen und Wirkungen zu diesem Wiederkommen nach und nach erkennt. Es stürzt damit so manches bisherige Bild in Nichts zusammen und öffnet Ausblick auf das freudige Erwachen einer neuen, grossen Zeit des aufstrebenden Menschengeistes, der so viele alte, unnötige Fesseln sprengt und freien Blickes sicher in der Schöpfung seines Gottes steht, ihm darin endlich wissend dienend, und damit auch in erster Linie ... sich selbst! —