Frage: Streng kirchengläubige Menschen weisen oft auf den Bibelbericht hin, nach dem der ungläubige Thomas bei der Erscheinung des Gottessohnes Jesus seine Hand in die Seitenwunde legen durfte und diese auch als solche Wunde empfand. Daraus suchen sie zu begründen, dass die Auferstehung fleischlich erfolgt sein muss, im Gegensatz zu den Ausführungen Abd-ru-shins.
Antwort: Es ist die übliche bequeme Art von Begründungen der Kirchengläubigen, sich einfach als Beweis auf Bibelstellen zu stützen, die sie nur in seltenen Fällen wirklich richtig verstehen und die auch bisher nicht immer in dem richtigen Sinne ausgelegt worden sind.
Ausserdem ist ein Hinweis auf den Bibelbericht durchaus keine tatsächliche Begründung, was wohl ohne weiteres jedem selbständig denkenden Menschen einleuchten wird.
Jesus trug bei seinem Erscheinen unter den Jüngern wie jeder andere Abgeschiedene in der ersten Zeit nur noch den Körper der feineren Stofflichkeit, nicht aber den grobstofflichen. Um Thomas überzeugen zu können, dass es wirklich Jesus war, wurde Thomas die Gnade gewährt, für diesen Augenblick feinstofflich schauen und fühlen zu können, also seinen eigenen feinstofflichen Körper wirken zu lassen.
Der feinstoffliche Körper schaut und fühlt bei dem noch in der grobstofflichen Hülle befindlichen Menschengeist durch dessen grobstofflichen Körper. Das erweckt den Anschein, als ob es der grobstoffliche Körper selbst sei, der handelt. Der grobstoffliche Körper führt dabei sehr oft auch äusserlich sichtbar die dazu gehörenden Bewegungen aus, er geht sozusagen mit.
So kann es auch heute bei ganz anderen Gelegenheiten sein, dass ein für feinstoffliches Schauen und Fühlen begabter Mensch nach etwas greift und dieses auch als selbstverständlich fühlt, was andere nicht schauen können.
Nicht anders war es bei Thomas. Er schaute und fühlte durch seinen grobstofflichen Körper hindurch mit seinem feinstofflichen Körper und dessen Organen den schon verklärten, also feineren Körper von Jesus, sah und fühlte deshalb auch dessen Wunde, ohne dass es der dichte Fleischkörper war.
Das ist ein ganz natürlicher Vorgang, der, von lichten Helfern und Kräften zum Zwecke des Überzeugens unterstützt, namentlich da es von Jesus selbst gewollt war, umso natürlicher auf Thomas wirken musste.
Gerade dieser Vorgang aber spricht sogar sehr deutlich dafür, dass es nicht der allen Jüngern so bekannte grobstoffliche Erdenkörper von Jesus gewesen sein kann; denn sonst würde jeder Zweifel von vornherein ausgeschlossen gewesen sein.
Jesus muss also bereits auch äusserlich in seinem feinstofflichen Körper eine andere Erscheinung gewesen sein, die einen Zweifel an seiner Echtheit zuliess durch den Unterschied von seinem sonst gut bekannten Erdenkörper, sodass Jesus einen besonderen Beweis noch erbringen wollte, um den durch die Veränderung möglich gewordenen Zweifel aufzuheben.
Was also derartige Eiferer als Gründe ihres Denkens anführen wollen, trägt in Wirklichkeit einen Beweis des Gegenteils in sich! Man muss nur die Starrheit des trägen Festhaltenwollens an Gewohntes oder Gelerntes aufgeben, dann kommt im Darübernachdenken selbsttätig der erleuchtende Strahl von allen Seiten, sodass man später nie verstehen kann, warum der Mensch nicht schon viel früher darauf gekommen ist.
Und wer dann die Kraft aufbringt, alles gegeneinander ruhig abzuwägen, so findet er, dass alles für das Neue spricht und nichts für das Alte, das irrigem, trägen Denken oder kluger Berechnung entsprang.
Die Erdenmenschen erleben doch andauernd genug, um sich bei nur einigem Nachdenken leicht in die Tatsachen hineindenken zu können. Wer hat zum Beispiel noch nie einen klaren Traum erlebt, bei dem der grobstoffliche Körper als beteiligt grobstofflich mitwirkt? Er schlägt um sich, oder weint, schluchzt und schreit, stöhnt und spricht, während der Traum, das eigentliche Erleben, Schauen und Fühlen durchaus nicht grobstofflicher Art ist, sondern noch viel zarter und feiner als die feinere Stofflichkeit, die bei dem verklärten Körper des Gottessohnes während der Begebenheit mit dem ungläubigen Thomas in Betracht kam.
Und doch ist der Mensch während des Erlebens im Traume vollkommen überzeugt, dass es grobstofflicher Art ist, nur beim Erwachen dann kommt ihm die Erkenntnis, dass es anders war, trotzdem er noch grobstoffliche Beweise in den Tränen und anderem vorfindet.
Auch die sogenannte „Verklärung“ ist nicht die Veränderung von etwas Bestehenden, wie des grobstofflichen Erdenkörpers, sondern die Enthüllung davon, die einen zarteren Körper hervortreten lässt, durch den der Menschengeist selbst stärker durchleuchten kann.
Die Verklärung bezieht sich ja auch nicht auf den Erdenkörper, sondern auf den Menschen selbst, der Geist ist, der nach Ablegung des Erdenkörpers und sonstigen an ihm hängenden trübenden Schlacken immer klarer durch seine Hüllen zu leuchten beginnt.
Es bricht eine neue Zeit an, die alle Zweifel beseitigen wird und das Wissen von Gott neu auferstehen lässt in reinerem, lebendigerem Gewande, was die Größe des damaligen Opfers des Gottessohnes nicht verkleinert, sondern es in noch viel strahlenderes Licht stellt, weil der Menschengeist darüber wissend geworden ist und nicht nur in unklarem Glauben darüber verbleibt, der keine lebendige Kraft in sich trägt.